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Kultur

Das Sofa als Tor zur Welt

Literatur genießen, wo man sich zu Hause fühlt: Der Verein «Sofalesungen» veranstaltet rund sechzig Lesungen pro Jahr bei privaten Gastgebern – zum Beispiel im Schrebergarten.

Sofalesung mit Julia Weber in Basel. Foto: Markus Kienle

Es passiert in Wohnzimmern, Ateliers oder Hinterhöfen: Menschen lesen. Und zwar nicht allein. Sofalesungen bringt Lesende und Schreibende zusammen – und bringt Bücher dazu, Grenzen zu sprengen. Der gleichnamige Verein will Literatur aus dem konventionellen Rahmen der Kulturbetriebe herauszuholen und dort zum Erlebnis machen, wo man sich zu Hause fühlt. In acht Regionen der Schweiz lesen und diskutieren Autorinnen und Autoren ihre Werke im Wohnzimmer von privaten Gastgebern.

«Wir möchten neue Zugänge zur Literatur öffnen, gerade auch für Menschen, denen Literaturhäuser und Lesungsformate nicht vertraut sind», sagt Geschäftsführer und Kurator Frederik Skorzinski. «Mit diesem Projekt soll die Literaturblase durchlässiger werden.» Die Idee ist einfach: Die Lesungen schaffen einen Austausch zwischen Schreibenden und Lesenden, und im weiteren Sinne auch zwischen den professionellen Literaturhäusern und Verlagen, die teilweise als Partner von Sofalesungen fungieren.

Der Austausch über die Bücher und Themen ist Teil der Lesungen, und danach gibt es immer einen Apéro, für den der Verein aufkommt. «Es ist eine soziale Praxis, die Empathie fördert und den Horizont erweitert», so Skorzinksi. Den Gastgebenden kommt dabei eine zentrale Rolle zu. Sie stellen ihre Wohnung für zwanzig bis dreißig Teilnehmende zur Verfügung. Darunter sind natürlich oft persönliche Freunde und Bekannte, aber immer auch Menschen, die sich über sofalesungen.ch anmelden. Es gibt immer wieder Gastgeber, die später auf eigene Initiative weitere Lesungen im privaten Rahmen organisieren und die Idee weitertragen.

Literarische und politische Schwerpunkte

Das Programm umfasst jährlich etwa sechzig Lesungen in Basel, Aarau, Bern, St. Gallen, Winterthur, der Zentralschweiz, Zürich und der französischen Schweiz. In der Regel werden Debüts aus Publikumsverlagen vorgestellt. Die Kuratorinnen und Kuratoren von Sofalesungen suchen Werke, die literarische Schwerpunkte und immer wieder auch politische Themen setzen. So geschehen beispielsweise mit dem Schweizer Schriftsteller Kim de l‘Horizon. Bevor sein Debüt «Blutbuch» international für Aufsehen gesorgt hat und mit dem Schweizer Buchpreis ausgezeichnet worden ist, hat Kim bei Sofalesungen gelesen.

Die Lesungen bieten eine Plattform für Vernetzung und Austausch. Die Finanzierung ist jedoch immer wieder ein Thema, da das Publikum einen freiwilligen Beitrag zwischen 10 und 30 Franken beisteuert. «Unser Projekt ist gemeinnützig und bewährt sich seit bald zehn Jahren», sagt Skorzinski. «Dennoch stellt die Finanzierung jedes Jahr aufs Neue eine große Herausforderung dar, denn die Eintrittseinnahmen decken nur einen Bruchteil der Gesamtkosten ab.» Der gemeinnützige Ansatz ist für den Verein dennoch zentral, weil damit der Zugang zum Angebot und der Literatur bewusst offen gestaltet wird.


Nächste Lesungen:

Lijija Burčak: Nöd us Zucker
Sonntag, 29. Januar, 17:00
Winterthur

Simone Weinmann: Die Erinnerung an unbekannte Städte
Sonntag, 5. Februar, 17:00
St. Gallen

Eugenia Senik: Das Streichholzhaus
Sonntag, 12. Feburuar, 17:00
Basel

Mehr Infos für Gastgeber und Publikum sowie das komplette Programm finden Sie auf www.sofalesungen.ch

 

 

 

 

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