Mensch. Gesellschaft. Meer.

Peru und EU

Wie sauber ist die «grüne» Energiewende?

Zink wird im Rahmen der europäischen Energiewende unter anderem zur Herstellung von Solarzellen und Windkraftwerken verwendet. Doch der Rohstoff ist längst nicht so nachhaltig wie gedacht. Eine Reportage vor Ort in Peru zeigt, wie problematisch die Lieferkette des angeblich «grünen» Metalls in Wirklichkeit ist.

Foto: Pexels

An der Lagune von Contonga in der Andenregion Ancash, auf einer Höhe von 4.400 Metern, geht der Bevölkerung das Wasser aus. Der Kanal, der hier entspringt, sollte die Gemeinde mit Wasser versorgen, ist aber inzwischen ebenfalls leer.

Hinter der Lagune befindet sich eins der größten Kupfer- und Zinkbergwerke der Welt: Antamina. Mitten in den Anden, die vom Zwischenstaatlichen Ausschuss für Klimawandel (IPCC) als besonders anfällig für die Klimakrise eingestuft werden. Etwa 41 Prozent der Gletscher, die diese Gebirgskette bedecken, sind aufgrund der globalen Erwärmung vollständig geschmolzen. Dies ist auch deshalb dramatisch, weil das Schmelzwasser der Gletscher die wichtigste Wasserquelle für die Andenbevölkerung darstellt – und es wird bereits knapp. Die lokale Bevölkerung befürchtet also, dass der Bergbau ihnen das noch verbliebene Wasser entziehen wird.

Zu den Aktionären von Antamina gehören BHP Billiton, Glencore und die Mitsubishi Corporation. Laut den peruanischen Zollunterlagen exportiert das Unternehmen seit 2019 unter anderem Kupfer, plant nun aber eine Verlängerung des Betriebs, um auch Zink und andere Metalle in diesem Gebiet abbauen zu können. Im Februar 2024 wurde dies von den peruanischen Behörden genehmigt. Damit kann das Unternehmen seine Aktivitäten bis 2036 weiter betreiben. Antamina betont, dass es die notwendigen Umweltkontrollen durchgeführt hat, um die potenziellen Umweltauswirkungen des Projekts zu vermeiden, und dass kein Gewässer im Bezirk San Marcos betroffen sein wird. Die Erfahrungen aus anderen Bergbaugebieten zeigen aber, dass die Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit meist drastisch sind.

Steigende Nachfrage und wenig Transparenz

Peru verfügt über die viertgrößten Zinkvorkommen der Welt, die traditionell vor allem von der Automobil- und Bauindustrie abgebaut wurden. In den letzten Jahren haben die Zinkminen in Peru einen neuen Boom erlebt. Alte Bergwerke wurden wiedereröffnet, und es gibt Pläne, bestehende zu erweitern. Seit 2014 steigt die Zinkproduktion stetig an, und die Exporte haben sich fast verdoppelt. Der Hintergrund ist die angeblich grüne Energiewende. Nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) befindet sich der Marktpreis für so genannte «grüne Metalle» auf einem Allzeithoch.

Die Weltbank ihrerseits bezeichnet Zink als eins der wichtigsten Metalle im Kampf gegen die Klimakrise und prognostiziert einen Anstieg der Nachfrage um 200 Prozent bis ins Jahr 2050. Dies ist eine der höchsten Prognosen. Die besondere Eigenschaft von Zink ist seine Fähigkeit, Metall und Stahl vor Korrosion zu schützen. Deshalb wird es vor allem bei der Herstellung von Batterien, Solarzellen und Windkraftanlagen verwendet. Führend bei der Herstellung von Windkraftwerken ist derzeit China, der weltweit größte Produzent von grüner Technologie.

Die europäischen Raffinerien geben keine Informationen über ihre Lieferanten preis.

Nach China ist Peru der größte Zinkproduzent der Welt. Im Jahr 2023 wurde das meiste peruanische Zink nach China und Südkorea exportiert. Das drittwichtigste Zielland war Spanien, doch auch Belgien und Finnland sind wichtige Abnehmer. Dort befinden sich die größten europäischen Zinkraffinerien: Nyrstar in Belgien und das schwedische Unternehmen Boliden Kokkola in Finnland.

Die Nachverfolgung der Lieferkette ist jedoch schwierig, da die europäischen Raffinerien keine Informationen über die Herkunft ihrer Lieferanten preisgeben, und auch die EU-Außenhandelsstatistiken sind vertraulich. Die offiziellen Zahlen des peruanischen Zolls zeigen jedoch, dass der größte Teil des in die EU eingeführten peruanischen Zinks von der Zinkraffinerie Asturiana de Zinc in Nordspanien gekauft wird. Diese gehört Glencore. Da der Schweizer Großkonzern einer der größten Anteilseigner des Bergwerks Antamina ist und dort der Großteil des peruanischen Zinks produziert wird, ist es sehr wahrscheinlich, dass das Zink, das in Spanien landet, aus der Antamina-Mine stammt.

Glencore lehnte es auf Nachfrage der peruanischen Investigativplattform OjoPúblico ab, die Herkunft des in Spanien verarbeiteten Zinks zu bestätigen oder sich anderweitig zu diesem Thema zu äußern. Antamina teilte mit, dass das Unternehmen über mehrere internationale Zertifizierungen verfüge, die sein Engagement für Qualität, Gesundheit, Arbeitssicherheit und ökologische Nachhaltigkeit unterstreichen würden.

Grüne Wende: für wen?

Die Zinkindustrie vermarktet das Metall als nachhaltig und klimafreundlich. Das Argument ist einleuchtend: Eine verzinkte Oberfläche – ein Verfahren, bei dem Stahlteile in geschmolzenes Zink getaucht werden – verhindert, dass beispielsweise der Sockel von Windrädern rostet, und verlängert so deren Lebenszyklus. Wenn man jedoch an den Wurzeln der Zinkproduktionskette ansetzt, verliert das Klimaargument seine Stichhaltigkeit. Peru zum Beispiel hat nicht einmal einen Plan für seine eigene Energiewende. OjoPúblico hat sich an das peruanische Ministerium für Energie und Bergbau gewandt, um herauszufinden, wann dieses Dokument fertiggestellt sein wird, aber die Anfrage wurde nicht beantwortet.

Auch die Europäische Union unterstützt diesen Prozess nicht. Sie ist durchaus bereit, kostengünstige Mineralien aus rohstoffproduzierenden Ländern wie Peru für ihren eigenen nachhaltigen Übergang zu nutzen, sagt Bart-Jaap Verbeek, Forscher bei SOMO, einem auf multinationale Unternehmen spezialisierten Forschungszentrum mit Sitz in den Niederlanden. «Die Ziele der grünen Energiewende sind an sich gut. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass sich die ganze Welt auf eine emissionsfreie Gesellschaft zubewegen muss. Nicht nur die EU und China», so Verbeek.

Die UN-Grundsätze für eine grüne Energiewende legen besonderen Wert auf das Recht der Länder des globalen Südens auf eine kohlenstoffarme Zukunft. Auch die entsprechende EU-Strategie konzentriert sich auf Gerechtigkeit. Studien zeigen jedoch, dass der Bergbau die Auswirkungen der Klimakrise zu verschärfen droht. Die Staubverschmutzung durch Bergwerke in Gletscherregionen kann die Gletscherschmelze beschleunigen. In Chile haben Absetzteiche und Straßenbau bereits einen Rückzug der Gletscher verursacht.

Intransparente Lieferkette

Die Umweltauswirkungen des Zinkabbaus könnten durch verstärktes Recycling verringert werden. Derzeit werden schätzungsweise nur 29 Prozent des weltweiten Zinkverbrauchs recycelt. Dies ist auf unzureichende Recyclingsysteme zurückzuführen, für deren Entwicklung wirtschaftliche Anreize fehlen.

Derzeit gibt es in der EU zwei Verordnungen, die eine Berichterstattung über die Herkunft von Metallen vorschreiben. Dabei handelt es sich um die Verordnung über Konfliktmineralien und die Verordnung über kumulative Mineralien, die jedoch beide nicht für Zink gelten. Letztes Jahr wurde auch die Richtlinie über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen im Bereich der Nachhaltigkeit verabschiedet, die auch die Umsetzung des Klimawandels umfasst. Emily Iona Stewart von der Nichtregierungsorganisation Global Witness, die Umwelt- und Menschenrechtsverletzungen im Öl-, Gas-, Bergbau- und Holzsektor dokumentiert, ist jedoch der Meinung, dass die Vorschriften verbessert werden müssen. «Die Vorschriften sind weit gefasst und gelten nur für die größten Unternehmen. Sie üben auch keinen Druck auf die Unternehmen aus, Veränderungen in der Produktionskette vorzunehmen.» Weiter sagt Stewart, dass die Unternehmen oft behaupten, es sei unmöglich, die Lieferketten von Mineralien bis zur Mine zurückzuverfolgen. Die EU verpflichtet sie jedoch auch nicht dazu, die Identität ihrer Lieferanten offen zu legen.

Alejandro González, Forscher für EU-Wirtschaftspolitik an der SOMO, stellt das Verhalten der EU ebenfalls in Frage. «Der EU-Zoll ist wie eine Blackbox», sagt er. «Solange Informationen über Lieferanten nicht veröffentlicht werden, ist es sehr schwierig, Unternehmen in der Mineralienlieferkette zur Verantwortung zu ziehen.» Einige Länder und Unternehmen würden allerdings auf freiwilliger Basis Informationen über ihre Zulieferer öffentlich machen. Und Emily Iona Stewart sagt: «Frankreich hat derzeit die strengsten Transparenzvorschriften in Europa.»

Für diese Recherche wurden neun große europäische Hersteller grüner Technologien per E-Mail nach der Herkunft des Zinks gefragt, das sie in ihrer Produktion verwenden. Nur drei Unternehmen antworteten auf die Anfrage, aber auch sie lehnten es ab, sich zur Herkunft des Zinks zu äußern. ♦


Die Reportage wurde von der peruanischen Investigativplattform OjoPúblico und von der finnischen Publikation Voima erarbeitet, mit Unterstützung des Journalismfund Europe.

Dieser Text hat Ihnen gefallen?
Die Inhalte von Tentakel sind frei verfügbar. Vielen Dank, wenn Sie unsere Arbeit mit einem kleinen Beitrag unterstützen. Per Twint oder mit einem Klick auf den Button.

Jetzt Spenden