Ein Teil des Schweizer Parlaments will das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Fall der KlimaSeniorinnen nicht umsetzen. Damit werden die Menschenrechte von Seniorinnen in der Schweiz missachtet.
Klimaschutz ist ein Menschenrecht. Und: Die Schweiz hat die Menschenrechte von älteren Frauen verletzt, weil das Land nicht das Nötige gegen die fortschreitende Klimaerwärmung tut. Das hat der Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) Anfang April. Die Schweiz muss deshalb ihre aktuellen Klimazielsetzungen nachbessern, um die Menschenrechte genügend zu schützen.
Eine Mehrheit der Rechtskommission des Ständerats beantragt, dass das Ministerkomitee des Europarates darüber informiert wird, dass die Schweiz dem Urteil des Gerichtshofs keine Folge leisten wird. Die genannten Parlamentarier und Parlamentarierinnen begründeten ihren Antrag mit Argumenten, die die Schweiz bereits zu ihrer Verteidigung am EGMR vorgebracht hat – und die der Gerichtshof im Urteil ablehnte.
«Die Kommissionsmitglieder möchten Gericht spielen und sich über den Entscheid des EGMR hinwegsetzen», teilt Cordelia Bähr in einer Medienmitteilung mit, leitende Rechtsanwältin der KlimaSeniorinnen. Sie würden damit die Arbeit der 17 Richter und Richterinnen der Großen Kammer des EGMR diskreditieren, die sich über Jahre intensiv mit dem Fall befasst haben. «Von einem Rechtsstaat wie der Schweiz erwarten wir selbstverständlich, dass das Urteil umgesetzt wird.»
«Wir sind schockiert. Die genannten Politiker und Politikerinnen wollen die festgestellte Verletzung unserer Menschenrechte nicht beheben und das Urteil der wichtigsten Institution zum Schutz der Menschenrechte einfach übergehen», sagt Rosmarie Wydler-Wälti, Co-Präsidentin der KlimaSeniorinnen. «Die Erklärung ist ein Versuch, den nötigen Klimaschutz aktiv zu verhindern. Das ist ein Verrat an uns älteren Frauen und an all jenen, die heute und in Zukunft unter den realen Folgen der Klimaerwärmung leiden.» Die KlimaSeniorinnen fordern Bundesrat und Parlament dazu auf, «das Urteil in der Schweiz raschestmöglich umzusetzen».
Die Schweizer KlimaSeniorinnen hatten vor dem EGMR mit der Begründung geklagt, dass die Schweiz eine ungenügende Klimapolitik betreibe, was den Gesundheitszustand der älteren Frauen ernsthaft in Gefahr bringen könne, etwa bei Hitzewellen zu sterben. Im März 2023 wurde ihr Fall vor der Großen Kammer des EGMR öffentlich verhandelt. Es war das erste Mal, dass sich der Straßburger Gerichtshof mit einem Klimafall befasste. ♦
Dieser Text hat Ihnen gefallen?
Die Inhalte von Tentakel sind frei verfügbar. Vielen Dank, wenn Sie unsere Arbeit mit einem kleinen Beitrag unterstützen. Per Twint oder mit einem Klick auf den Button.