Deutschland hat es vorgemacht: lange Elternzeit, auch für Väter. In der Schweiz steckt das noch sehr in den Kinderschuhen. Aber jetzt soll sich das ändern – zumindest soll nun über 22 zusätzliche Wochen zu den heutigen insgesamt 16 Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaubswochen diskutiert werden.
Wer in Deutschland lebt und ein Kind bekommt, darf sich in den ersten Monaten erst mal nur dem Kind widmen. Den Eltern stehen gemeinsam insgesamt 14 Monate Elterngeld zur Verfügung. Eine Mutter kann bis zu zwölf Monaten zu Hause bleiben, ein Vater muss mindestens zwei, damit ein Anspruch auf Elterngeld besteht. Ansonsten können sie die Monate frei untereinander aufteilen. Das heißt: Eine Mutter kann sich beispielsweise auch dazu entscheiden, nur acht Monate Mutterschaftsurlaub zu nehmen, dafür hat der Vater sechs Monate Vaterschaftsurlaub.
Erstaunlicherweise haben Mütter in der reichen Schweiz nach der Geburt lediglich 14 Wochen Ferien, Väter zwei Wochen. Das bedeutet etwa, dass der Großteil der Mütter bereits arbeiten gehen muss, wenn sie das Kind noch am Stillen sind. Viele Mütter, vor allem diejenigen, die aus finanziellen Gründen keine längere Arbeitspause einlegen können, berichten davon, dass es weder körperlich noch emotional einfach ist, nach nur rund drei Monaten wieder zur Arbeit zu gehen.
Dies soll sich ändern. Die eidgenössische Kommission für Familienfragen (EKFF) stellt ein neues Modell für eine Elternzeit vor, wie aus einer Medienmitteilung zu entnehmen ist. Die EKFF schlägt 38 Wochen Elternzeit vor. Die Aufteilung der Wochen ist entweder paritätisch mit je 19 Wochen für beide Eltern oder auch variabel möglich. Mütter können mit dem neuen Modellvorschlag von 16 bis 23 Wochen und Väter von 15 bis 22 Wochen Elternzeit profitieren.
Der Grund für die mindestens 15 reservierten Wochen für frischgebackene Väter ist: Wenn Väter die Ferien auf Mütter übertragen können, verzichten sie meist auf die Auszeit. Studien im Ausland haben gezeigt, dass sich eine zu freie Wahl nachteilig auf den Bezug von Elternzeit durch die Väter auswirkt und dies damit eine erhöhte Arbeitsmarktpartizipation der Mütter verhindert.
In verschiedenen Kantonen der Schweiz wurden bereits oder werden Bemühungen unternommen, um eine Elternzeit einzuführen. Etwa in Zürich, Bern oder in französisch sprechenden Kantonen. Die kantonalen Vorstöße scheitern aber meist. Es ist wohl ohnehin nicht sinnvoll, 26 kantonale verschiedene Elternzeiten anzustreben. Auch die EKFF empfiehlt eine nationale Lösung: «Eine nationale Elternzeit unterstützt die Arbeitsmarktpartizipation der Mütter und wirkt sich positiv auf die Familien und die Gesellschaft aus.» ♦
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