Mensch. Gesellschaft. Meer.

Frau Müller, she knows #1

«Aber bitte in Pink!»

Wenn es Weihnachten wird, ist auch Frau Müller unterwegs, um Geschenke zu besorgen. Aber nicht, ohne sich über das Kaufverhalten einiger Menschen zu echauffieren.

Neulich an der Kasse. Während ich geduldig darauf warte, dran zu kommen, ergibt sich hinter mir folgendes Gespräch:

Eine Frau zu ihrem Sohn (etwa 9 Jahre alt): «Du sag mal, was könnten wir der Lara schenken?»
Sohn: «Äh, weiß nicht.»
Mutter: «Na, du hast doch Mädchen in deiner Klasse, mit was spielen die denn gerne?»
Sohn unsicher: «Ich glaub, … Pferde?»
Mutter: «Das ist eine gute Idee.»

Gerne würde ich mich umdrehen und der fremden Frau zynisch zurufen: «Aber bitte in Pink und mit Glitzer!» Stattdessen ärgere ich mich und stelle mir die Frage, wieso frau nicht auf die Idee kommt, einfach mal die Erziehungsberechtigten dieser Lara zu fragen, was sie denn gerne mag.

Dass sowas für viele Menschen leider gar nicht mehr nötig erscheint, verdanken wir aggressivem Gendermarketing, was in den 90er Jahren aufkam (und auch besser dort geblieben wäre).  Suggeriert es uns doch, welches Spielzeug für die Kinder am besten ist, nämlich stereotypes.

Für Mädchen kommen da nur Puppen, Malbücher und Pferde in Frage – natürlich mit viel Glitzer. Und für Jungs müssen es Autos, Technikkram und das Star Wars Lego-Set sein. Auch wenn das Kind vielleicht gerne was Anderes hätte. Damit schränken wir ihre Interessen ein, ignorieren ihre Wünsche und signalisieren: Für dich ist das nix! Und so bekommt der Sohn statt einem Einhorn ein Feuerwehrauto und die Tochter statt dem Werkzeugkasten das Kochset.

Hier kann ich auch mit einer eigenen Story aufwarten, denn zu meinem dritten Geburtstag hatte ich mir extrem dringend ein Piratenschiff gewünscht, und bekam einen Bauernhof. Glauben Sie mir, die Enttäuschung war immens (obwohl ich Tiere über alles liebe).

Was mich darüber hinaus umtreibt: Wieso existiert überhaupt «geschlechterübergreifendes» Spielzeug wie Bälle oder Laufräder in einer Mädchenversion (Pink) und in einer für Jungs (Blau)? Dabei ist die Antwort ganz einfach: Es lässt sich besser verkaufen. Am besten doppelt, wenn die Eltern ein Set für den Sohn und eines für die Tochter kaufen. Denn der Sohn mag nicht mit «Mädchensachen» spielen und die Tochter nicht mit «Jungssachen». Und ein rosa Pulli ist für einen Jungen ja sowieso undenkbar. Dass bis vor gut hundert Jahren Rot als «Männerfarbe» galt und daher Rosa («das kleine Rot») eine tolle Farbe für die «kleinen Männer» – sprich Buben – war, zählt da nicht als Argument.

Ganz ehrlich? Ich würde mir wünschen, dass es total egal ist, wer mit was spielt. Hauptsache, dem Kind gefällt es. Und zwar ohne, dass es von der Gesellschaft und durch Stereotype beeinflusst wird. Bis das irgendwann mal so weit ist, drücke ich der anfangs erwähnten Lara die Daumen, dass sie Spielzeugpferde mag.

Sollten Sie selbst noch überlegen, ob ein bestimmtes Spielzeug auch wirklich für einen Jungen beziehungsweise ein Mädchen geeignet ist, können Sie sich folgende Frage stellen: Wird das Spielzeug mit den Genitalien bedient? Ist die Antwort nämlich «Nein», passt es für Jungs und Mädchen. Ist die Antwort «Ja»,  ist es kein Spielzeug für Kinder. Damit liegen Sie garantiert immer richtig. In diesem Sinne, ein frohes Fest.

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