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das Interview

«Regieren ist wie ein Tanz auf den Köpfen von Schlangen»

Vor ein paar Tagen feuerten die jemenitischen Huthi-Rebellen sogar auf ein Schweizer Handelsschiff Raketen ab. Wegen solcher, seit mehreren Wochen wiederkehrender Angriffe im Roten Meer sind Jemen und seine Rebellen international ins Rampenlicht gerückt. Dies gefalle den Huthis, sagt Elham Manea, Schweiz-Jemenitin und Politikwissenschaftlerin. Wer sind die Huthis? Wieso ist die politische Lage in Jemen seit Jahrzehnten so verzwackt? Der Versuch einer Erklärung.

Foto: Andy NG

Elham Manea ist Schriftstellerin, Menschenrechtlerin und Professorin für Politikwissenschaft an der Universität Zürich, spezialisiert auf den arabischen Nahen Osten. Die Schweiz-Jemenitin ist in Ägypten, im Heimatland ihrer Mutter, geboren, ihr Vater kommt aus dem Jemen. Als Tochter eines Diplomaten ist sie in acht verschiedenen – arabischen und westlichen – Ländern aufgewachsen, unter anderem in Deutschland, im Jemen und im Iran. Sie studierte in den USA und Kuwait, doktorierte an der Universität Zürich zum Thema «arabische Regionalpolitik». Die 58-Jährige lebt mit ihrer Familie in Bern. In die Bundesstadt zog sie vor rund dreißig Jahren mit dem «Mann ihres Lebens», einem Schweizer. Die Muslimin setzt sich für einen modernen, humanistischen Islam ein.

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Sie sind zeitweise im Jemen aufgewachsen. Wie gut kennen Sie das Land?
Elham Manea: Insgesamt lebte ich zehn Jahre im Jemen. Interessant zu sagen ist, dass ich den Jemen erst wirklich kennenlernte, als ich dort auf Feldforschung war: erst als Journalistin, dann als Sozialwissenschaftlerin. Davor war ich in einer Bubble – in einer Blase, ich lebte in einer Art Parallelwelt.

Bedingt durch die Arbeit Ihres Vaters, der Diplomat war. Ich stelle mir vor, dass Sie in einer besser gestellten Schicht mit mehr Freiheiten aufwuchsen.
Und vor allem in einem geschützten Umfeld. Dank meines Vaters war ich vor den strengen patriarchalischen Strukturen im Nordjemen geschützt. Er war ein agnostischer Freidenker. Ich musste als Mädchen kein Kopftuch tragen. Trotz des gesellschaftlichen Drucks zog er das durch.

Haben Sie nie ein Kopftuch getragen?
Als ich an der Universität in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa zu arbeiten anfing, trug ich tatsächlich Kopftuch. Ich erklärte damals meinem Vater, dass ich das tue, um mich zu integrieren. Aber ich trug das Tuch nicht zugeschnürt und Stirn deckend, sondern hatte es lose um den Kopf gewickelt. Außerdem wählte ich immer farbige Kopftücher: rot, violett, himmelblau, grün. Alles Farben mit einer Bedeutung. Das war meine Art zu zeigen, dass ich nicht freiwillig ein Kopftuch anhabe. Als ich den Mechanismus des sozialen Drucks durchschaut hatte, legte ich das Kopftuch komplett beiseite.

Wie ist es heute im Nordjemen, wo die extremistischen Huthi-Rebellen beheimatet sind?
Dort tragen die Frauen seit den 1960er Jahren den Sharshaf. Das ist ein zweiteiliges schwarzes Gewand, das ursprünglich aus der Türkei stammt und die Frau von Kopf bis Fuß bedeckt. Dazu kommt noch ein Schleier, der das Gesicht verdeckt. Die Frauen fingen an, lockerer mit der Kleidung umzugehen. Die Huthis aber bestehen auf einer strengen Kleiderordnung.

Wann hielten Sie sich das letzte Mal im Jemen auf?
Ich führte 2021 und 2022 eine Feldforschung für mein Buch über den jemenitischen Bürgerkrieg durch. Ich war an der Grenze Jemens, in die Hauptstadt Sanaa konnte ich nicht reisen, zu gefährlich. Aber an der Grenze und in den umliegenden Ländern, etwa im Oman, Ägypten und in der Türkei, interviewte ich Stammesscheiche und Akteure aller Konfliktparteien.

Über Jemen weiß man wenig, obwohl es dort schon so lange heftige Konflikte gibt. Wie ist das für Sie?
Es gab mal eine Zeit, in der man – wenn man vom Jemen redete – vom Märchenland sprach. Wegen der Architektur. Dies gilt besonders, wenn man vom Norden her in den Jemen fährt, da reist man in eine andere Zeit, zurück in die Geschichte. Aber ja, genau so ist es mit dem Jemen: Obwohl dort seit 2015 Krieg herrscht, berichtete man bis vor Kurzem kaum darüber. Ab und zu las man etwas über die humanitäre Situation, die Medien zeigten Gesichter von hungernden Menschen. Das macht mich traurig, dass man nur den konfliktbeladenen Jemen sieht.

«Die Jemenitinnen und Jemeniten kommen als Flüchtlinge nicht nach Europa.»

Wieso war im Vergleich zu anderen Konflikten in der Welt – Ukraine, Palästina – der Jemenkonflikt bislang nicht so präsent in den Berichterstattungen?
Es hat einerseits damit zu tun, dass er relativ weit weg liegt, nicht wie die Ukraine etwa. Andererseits werden heutzutage die Menschen mit Informationen überflutet. Sie haben genug von Nachrichten über Konflikte. Spricht man vom Kongo? Auch nicht. Wie viele Millionen Menschen sind dort gestorben? Oder vom Sudan? Im Sudan findet gerade eben eine ethnische Säuberung statt. Darüber hinaus ist der Konflikt im Jemen sehr komplex, läuft auf mehreren Ebenen ab, mit verschiedenen Konfliktparteien: Man versteht ihn nicht. Begonnen hat er innerhalb des Landes, später weitete er sich aus und andere Akteure wie Saudi-Arabien oder der Iran kamen ins Spiel. Es gibt noch eine dritte Komponente, weshalb man bislang wenig darüber erfuhr: Die Jemenitinnen und Jemeniten kommen als Flüchtlinge nicht nach Europa.

Wieso?
Es gibt nur eine bestimmte, gut situierte Schicht, die nach Europa kommt. Die meisten jemenitischen Flüchtlinge jedoch bevorzugen es, in Ägypten, in der Türkei, im Oman oder in Dschibuti zu leben, kurzum: in kulturell ähnlichen Gebieten. Die Ortschaften und Städte Jemens sind eine komplett andere Welt, sogar im Vergleich zu anderen Städten im Nahen Osten wie Dubai, Beirut, Kairo, Rabat, Tunis.

Der Konflikt begann lokal, weil es innerhalb Jemens zur Diskriminierung bestimmter Gruppen kam.
Es ist so, ja, dass die extremistische Huthi-Miliz aus einer Marginalisierung entstanden ist. Das ist eine der Ebenen des verstrickten Konflikts im Jemen. Dann gibt es eine weitere Ebene, und zwar, dass im Südjemen 1994 ein Krieg ausbrach. Die Vorgeschichte: Früher existierten im Jemen zwei Staaten, einer im Süden, einer im Norden. 1990 kam es zu einer friedlichen Vereinigung dieser beiden Teile, zur Gründung der Republik Jemen.

Wieso brach vier Jahre später der Krieg aus?
Einige Regionen im Südjemen hatten das Gefühl, dass sie gegen ihren Willen in dieser Vereinigung sind. Gewaltsam versuchten sie 1994 die Unabhängigkeit des Südens wiederzuerlangen, erfolglos. Aber um die Komplexität zusammenzufassen: Es gibt diesen regionalen Konflikt Nordjemen-Südjemen. Innerhalb beider Regionen gibt es weitere Konflikte. Denn der damals amtierende und autoritäre Präsident der Republik, Ali Abdullah Salih, grenzte nicht nur gewisse Eliten im Süden aus, sondern auch systematisch die schiitischen Zaiditen im Nordjemen. Und zwar wirtschaftlich, politisch und kulturell.

Der Aufstand des Südjemens wurde niedergeschlagen, und dann?
Hier kommt eine weitere Ebene hinzu: Das seit 1990 geeinte Jemen wurde von einer Gruppe von Eliten kontrolliert, die sich um den Präsidenten Ali Abdullah Salih scharte. Sie alle gehörten den gleichen Stämmen an und Ali Abdullah Salih versah sie mit Privilegien. Nach dem gewonnenen Krieg gegen den Südjemen ging der Präsident gestärkt hervor. Ab da wollte er nur noch seine eigene Sippschaft bevorzugen. Dies führte zu einem inneren Konflikt, den ich den Kernkonflikt nenne. Die Eliten fingen an, gegeneinander zu kämpfen, und diese Machtkämpfe destabilisierten das ganze System – über Jahre hinweg.

Dann kam der Arabische Frühling: Proteste gegen autoritäre arabische Regime in Afrika und im Nahen Osten.
Im Jemen begannen die Proteste 2011 gegen den Präsidenten. Seine Feinde unterstützten die Aufstände der jungen Menschen. Ali Abdullah Salih trat zurück. Er entschied, von nun an gemeinsame Sache mit den Huthis zu machen. Bis zu seinem Tod war er davon überzeugt, dass er es zurück an die Macht schaffen würde. Er sagte einmal: «Regieren im Jemen ist wie ein Tanz auf den Köpfen von Schlangen.» Am Ende hat ihn eine dieser Schlangen verschluckt, und zwar die Huthis. Sie töteten ihn 2017.

Die Huthis: Wer sind sie?
Ich nenne sie eine neofundamentalistische Bewegung. Sie vertritt ein stark ideologisiertes Weltbild, das die Welt in zwei gegensätzliche Lager einteilt: wir gegen sie. Die Huthis sind sehr pro Palästina und verstehen sich als Teil der iranischen «Achse des Widerstands», einem Netzwerk von Milizen, das sich primär gegen den Westen und Israel stellt. Sie sind aus den schiitischen Zaiditen hervorgegangen.

Wer sind die Zaiditen?
Werfen wir einen Blick zurück: Die Tradition der Zaiditen gibt es im islamischen Raum schon lange. Ihre Führungskräfte sehen sich als die Nachfahren des Propheten Mohammed. Im Jahr 900 wanderten sie in den Jemen ein. Heutzutage sind die Zaiditen nur noch im Norden Jemens beheimatet, im Grenzgebiet zu Saudi-Arabien. Da machen sie etwa einen Drittel der Bevölkerung aus. Interessant ist ihre Haltung: Die Zaiditen sind gegen jegliche autoritäre Regierungen, und sehen sich deswegen bis heute im Recht, gegen einen ungerechten Imam zu rebellieren. Als sie in den Nordjemen zogen, führten sie neu ein, dass nur noch ein Nachfahre des Propheten jemenitischer Staatsführer werden darf.

Also sie selbst?
Ja, die Zaiditen regierten mehr als 1000 Jahre im Nord-Nordjemen. Dabei stellten oft sie die Imame in der Hauptstadt Sanaa, bis zur Revolution im Jahr 1962. Die Welle der Unabhängigkeitsbewegungen im arabischen Raum erfasste in den 1960er Jahren auch den Jemen. Die Ziele der Revolution waren: die Abschaffung des Imamats und damit die Abschaffung des Herrschaftsanspruchs der Zaiditen.

«Gott ist groß, Tod den USA, Tod Israel, verdammt seien die Juden!»

Das gefiel ihnen wohl nicht. Und hier entsprangen die Huthis?
Sie bildeten sich aus einem Teil der Zaiditen. Genau genommen sind es innerhalb der Zaiditen die Haschemiten – ich weiß, es wird immer komplexer. Sie sind es eigentlich, die sich als Nachkommen des Propheten bezeichnen. Und die tonangebende Familie der Haschemiten heißt al-Huthi. Kurz zusammengefasst: Aus der Revolution ging ein Bürgerkrieg hervor, der 1967endete, und die Friedensverhandlungen zogen sich bis 1970 hin. Die Zaiditen wurden nach den Friedensverhandlungen von den neuen Regierenden benachteiligt. Und zwar sehr.

Inwiefern?
Sie wurden diskriminiert, erhielten beispielsweise keinen Zugang zu Schulen, Gesundheitsversorgung und Strom. Ab 1980 kamen im Jemen neue Kräfte ins Spiel, die Salafisten. Auch im Norden missionierten sie. Und die Salafisten haben wirklich eine sehr strenge Interpretation des Islams: Alle Menschen, die nicht Salafisten sind, werden als Ungläubige betrachtet – die Zaiditen inklusive.

Ließen sich die Zaiditen das als rebellisches Volk gefallen?
Nein, im Gegenteil, sie wehrten sich. Mehr noch: Die Religion und die Kultur der Zaiditen blühten regelrecht wieder auf. Hier entstand denn auch die kleine Gruppe namens Believing Youth Forum – die Gläubige Jugend. Die fingen mit einem Zimmer und acht Studenten an. Am Ende waren es in den Sommercamps bis zu 15’000 Studenten. Es war keine politische Gruppe. Aber der Gründer der Huthi-Bewegung – Hussein al-Huthi – wollte schließlich daraus eine politische Bewegung machen. So kam es innerhalb des Believing Youth Forum zur Spaltung. Das war 2003.

Also zu einer Zeit, in der Ali Abdullah Salih noch Präsident des vereinten Jemen war.
Ja, und wichtig zu wissen: Hussein al-Huthi war früher moderat. Er wollte lediglich auf demokratischem Weg Dinge ändern. Aber die autoritären Spielchen des Präsidenten Ali Abdullah Salih in den 1990er Jahren hatten ihn desillusioniert. Dazu kommt, dass al-Huthi in den Iran reiste, wo er ideologisch beeinflusst wurde. Und im Sudan ging er an die Universität, schloss zwar das Studium nicht ab, lernte jedoch dort Anhänger der Muslimbruderschaft und der Al-Qaida kennen, Zweige des fundamentalistischen politischen Islam.

Al-Huthis Ideologie war also entscheidend für die Radikalisierung der abgespaltenen Zaiditen.
In ihren Anfängen nannte man al-Huthis politisch-militärische Gruppe die «Menschen des Schreis», des Ausrufs, weil sie dauernd ihre Slogans wie «Gott ist groß, Tod den USA, Tod Israel, verdammt seien die Juden!» hinausschrien. Auf jeden Fall wuchs und wuchs von da an die Anhängerschaft von al-Huthi. Später nahm die Miliz, um ihn zu ehren, seinen Namen an.

Was macht die Huthis gefährlich?
Innerhalb der Huthi-Bewegung gibt es verschiedene Strömungen – und Spannungen. Diejenigen, die das Sagen haben, sind ideologisch motiviert. Dies beeinflusst also ihre Entscheide, die intern, regional und international sehr problematisch werden können. Weiter gibt es bei den Rebellen auch viele Personen, die nicht aus ideologischer oder religiöser Überzeugung mitkämpfen. Etwa Kinder.

Wie, Kinder?
Es gibt viele Kindersoldaten. Darüber spricht man kaum bis gar nicht. Es gibt weibliche militärische Einheiten, die einfach in Häuser eintreten und nach Buben suchen, um sie zu rekrutieren. Denn viele Familien verstecken ihre Kinder. Die Huthis sind für ihre eigene Bevölkerung ein großes Problem.

Sie missachten Menschenrechte. Wie sieht es mit den Frauen aus?
Die Huthis üben seit drei Jahren die gleichen Kontrollen wie im Iran aus. In der jemenitischen Hauptstadt Sanaa hängen überall Plakate, auf denen geschrieben steht, dass Frauen sich verhüllen müssen. Oder es existiert die Regel, dass die Frauen ohne männliche Begleitung nicht mehr in eine andere Stadt reisen dürfen.

Im Jahr 2014 eroberten die Huthis die Stadt Sanaa mit dem Ziel, in den Südjemen zu expandieren. Wieso scheiterten sie?
Die jemenitische Regierung mit ihren Verbündeten stoppte sie. Seit 2015 herrscht im Jemen einmal mehr ein Bürgerkrieg. Die Huthis werden vom Iran mit Waffen unterstützt. Die international anerkannte Regierung Jemens dagegen kann unter anderem Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate zu ihren Verbündeten zählen.

Sind die Huthis an einem Frieden im Jemen interessiert?
Es gab in den letzten Jahren Friedensbemühungen, und daraus resultierte klar: Die Huthis müssen sich nun für den Frieden entscheiden. Aber aus ihrer Sicht ist das keine gute Idee. Denn die Huthis denken nun mal so: ‹In friedlichen Zeiten können wir den Nordjemen langfristig nicht kontrollieren.›

Diesen Januar griffen Huthis US-Handelsschiffe auf dem Roten Meer an. Sie forderten, dass die israelische Militäroffensive in Gaza sofort beendet wird.
Das meinen sie ernst, das ist ihre Ideologie. Gleichzeitig können sie mit diesen Attacken neue Unterstützer finden, weil die Forderungen gegen Israel gerichtet sind. Andererseits vermute ich, dass sie mit diesen Angriffen auf die Frachtschiffe ablenken und die Friedensprozesse im Nordjemen torpedieren möchten. Jedenfalls generieren sie damit viele Probleme und machen am Roten Meer alle nervös.

Die USA, Großbritannien und weitere Länder schlugen zurück. Zweck der Sache?
Eine Warnung. Ob die Huthis sie hören, bezweifle ich.

Die USA hat gedroht, die Huthis als Organisation wieder auf die Terrorliste zu setzen. Hilfsorganisationen warnen davor, denn das würde die humanitäre Katastrophe im Jemen verschärfen.
Ja, es würde ein noch größeres Problem werden. In bestimmten Regionen Jemens existiert bereits eine humanitäre Katastrophe.

Was kann die Welt tun, damit diese Situation ein Ende nimmt?
Ich bin in den Jahren zurückhaltender geworden, wenn mit der Idee gespielt wird, von außen her zu intervenieren. Soll sich im Jemen etwas ändern, dann muss das von innen her geschehen. Die international anerkannte Regierung Jemens soll das angehen. Die Huthis wollen ganz Jemen beherrschen. Das ist ihre Vision.

Wohl deswegen hörten wir vorher wenig zum Jemen: Es handelte sich um einen innerislamischen Konflikt. Jetzt aber haben die Huthis die internationale Bühne betreten. Sie machen sich bekannter.
Und sie genießen das. Die Welt schaut nun auf sie. Dieses Rampenlicht, das mögen sie sehr und macht sie glücklich.

Woran erkennen sie das?
Die Art und Weise, wie sie darüber sprechen und berichten, wie sie sich etwa auf Twitter darstellen. Ich folge zurzeit in den Social Media vielen Huthi-Führern. Man liest oder hört Sätze wie «Wir haben es den USA und Israel gezeigt!» Sie sind stolz und profilieren sich. Ich befürchte, dass der Jemen durch solche Aktionen noch große Probleme bekommen wird.

Wie meinen Sie das?
Die Möglichkeit einer Eskalation spürt man nun von allen Seiten. Die Huthis sind glücklich darüber. Sie können sehr gut mit einem Krieg leben. Wer darunter leiden wird, ist die Bevölkerung, die Jemeniten. Man kann das mit dem Angriff der Hamas vom 7. Oktober vergleichen: Damit wollten die Hamas jeglichen Frieden in Gaza verhindern.

Frieden im Jemen würde ja auch bedeuten, dass Frauen wieder mehr Rechte hätten. Das wollen die Huthis genauso wenig, oder?
Wie in Afghanistan herrscht im Nordjemen eine Gender-Apartheid. Die Frau wird nicht wie ein vollwertiger Mensch behandelt, sie braucht immer einen männlichen Vormund an ihrer Seite. Es ist so: Die Huthis haben ihre eigene Vorstellung von einer politischen, sozialen und religiösen Ordnung – und die werden sie als fundamentalistische Gruppe versuchen durchzusetzen.

Wir können also nicht auf Frieden hoffen?
So betrachtet: nein. Ich hoffe nur, dass ich nicht Recht behalte. ♦

 

Dieses Interview erschien erstmals im Magazin frei denken.


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